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TRAUMA

Seelisches Trauma: Was ist das?

Der Begriff Trauma (Mehrzahl Traumata) bedeutet psychische Ausnahmesituation („Psychotrauma“). Ausgelöst durch überwältigende Ereignisse (z.B. Gewalttat, Krieg oder Katastrophe), die eine Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen oder einer nahestehenden Person darstellt. Nicht immer muss das traumatische Ereignis außerhalb normaler menschlicher Erfahrungen liegen.
Auch Unfälle (z.B. beim Sport oder im Straßenverkehr) können sich etwa traumatisierend auswirken. In der medizinischen Fachsprache wird der Begriff Trauma übrigens auch für akute schwere Verletzungen des Körpers (z.B. Polytrauma nach schwerem Verkehrsunfall) verwendet.

Welche Ursachen hat ein seelisches Trauma?
Unterschiedlichste schreckliche Geschehnisse können traumatisierend wirken. Ein Trauma geschieht unerwartet – eine Vorbereitung ist daher nicht möglich. Betroffene Menschen sind Erfahrungen von extremer Angst, Kontrollverlust und Ohnmacht ausgesetzt. Die meisten Menschen sind zunächst kaum in der Lage, solche Situationen „extremer“ Hilflosigkeit zu verarbeiten. Die Bewältigungsmechanismen reichen momentan nicht aus, um mit einer derartigen Situation umgehen zu können – wörtlich stürzt eine Welt zusammen. In großen Stresssituationen hat der Mensch instinktiv den Impuls, entweder zu fliehen oder zu kämpfen. Ist beides nicht möglich, erscheint die Situation ausweglos.
In Summe gibt es noch viel Forschungsbedarf zu diesem Thema. Verschiedene Ansätze versuchen zu erklären, warum es nach einem traumatischen Ereignis bei manchen Menschen zu einer Traumafolgestörung kommt und bei anderen nicht und – was ein Trauma eigentlich ausmacht. Es scheint einen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere des traumatischen Ereignisses und dem Auftreten und der Schwere einer Traumafolgestörung zu geben. Die individuelle Lebenssituation und ihre Rahmenbedingungen dürften eine wesentliche Rolle spielen. Biologische, psychische sowie soziale Faktoren spielen mit traumaspezifischen Umständen zusammen.
Untersuchungen zeigten, dass Einflüsse vor und rund um die Geburt sowie auch spätere Lebensumstände genetische Faktoren beeinflussen können. Das nennt man Epigenetik. Vieles ist jedoch in diesem Bereich noch unklar. Epigenetik könnte eine Erklärung dafür sein, warum Traumafolgen über Generationen hinweg wirken können (z.B. Kriegstraumata).

Wie reagieren Psyche & Körper auf ein Trauma?
Stress ist biologisch sinnvoll. Extremer und dauerhafter Stress wirken sich jedoch nachteilig auf Körper und Seele aus. Nähere Informationen finden Sie unter Stress: Auswirkungen auf Körper & Psyche. Im Falle eines Traumas handelt es sich um Extrembelastungen, die auch im Gehirn Spuren hinterlassen können. In akuten, massiven Belastungssituationen ist das stressverarbeitende System überfordert. Als Folge können die typischen sogenannten peritraumatischen Symptome auftreten. Dazu zählen etwa ständiges Wiedererleben des Traumas, Albträume, allgemeine Alarmiertheit, massive Angst oder Betäubung und Erstarrung. Dies ist zunächst eine normale Reaktion auf ein außergewöhnliches Ereignis.
Neurobiologische Vorgänge und die Stressregulation spielen dabei eine wichtige Rolle. So zeigen sich etwa nach Kriegserlebnissen, Unfällen, zivilen Katastrophen, Gewalttaten und kindlichen Traumata Veränderungen im Gehirnstoffwechsel manchmal sogar Strukturveränderungen des Hirns. Durch die übermäßige Ausschüttung von Stresshormonen und die stärkere Aktivierung des sympathischen Nervensystems (z.B. erhöhter Puls, hoher Stresshormonspiegel, Schlafschwierigkeiten) zu einer körperlichen Übererregtheit. Dies wirkt sich auch auf die Gedächtnisleistung aus.
Hält die extreme Stressreaktion an, kommt es zur negativen Auswirkung auf die Informationsverarbeitung. Unter anderem im Bereich des sogenannten Hippocampus. Dieser ist eine Struktur im Gehirn in der die Wichtigkeit von Erfahrungen bewertet wird und die dann für den „Transport“ als wichtig bewerteter Inhalte in die Großhirnrinde sorgt. Dort wird die Erfahrung
kognitiv eingeordnet und man kann daraus lernen. Bildgebende Verfahren mittels MRT konnten zeigen, dass die Hippocampus-Region bei chronischer Posttraumatischer Belastungsstörung ein vermindertes Volumen zeigen kann. Dies ist jedoch nicht immer der Fall.

Trauma & Gedächtnis
Eine durch das Trauma ausgelöste Störung im Hippocampus kann dazu führen, dass die Speicherung des traumatischen Erlebnisses im Gedächtnis unmöglich wird (vor allem im Kurzzeitgedächtnis), Lernen wird schwierig. In der Nähe des Hippocampus liegen die „Mandelkerne“ (Amygdalae; Einzahl: Amygdala). Dort werden Gefühle gespeichert, die mit einer bestimmten Erfahrung verknüpft sind (negativ wie positiv). Es wird vermutet, dass bei Traumafolgestörungen eine Übererregung der Amygdalae stattfindet.
Die mit dem Trauma in Verbindung stehenden Sinneseindrücke, körperlichen Zustände und Gefühle werden also in den sogenannten Mandelkernen im Gehirn gespeichert. Sie zerfallen mitunter bei/nach einem Trauma wie die Splitter eines zerbrochenen Spiegels in viele Einzelteile und können daher nicht mehr als sinnvolles Ganzes wahrgenommen bzw. zugeordnet werden. So können sich auch nicht als zukünftig nutzbare Lernerfahrung in die Persönlichkeit integriert werden.
Diese Fragmente beginnen ein Eigenleben und können auf allen Sinneskanälen als sogenannte Intrusionen (innere Bilder des traumatischen Erlebnisses) wiederkehren. Sie überlagern die aktuelle Realität. In solchen Situationen werden zusätzlich einzelne Hirnfunktionen unterdrückt, z.B. ist das Broca’sche Sprachzentrum nicht mehr uneingeschränkt arbeitsfähig. Damit fehlen die Worte, um das Erlebte auszudrücken. Die Reizschwelle gegenüber möglicherweise bedrohlichen Außenreizen ist zudem deutlich erniedrigt. Das Zusammenspiel von teilweisem Erinnern, Erinnerungslücken und immer wieder auftauchenden Bildern und Gefühlen stellt für Betroffene eine große Belastung dar. Man ist eben nicht mehr „Herr/Frau im eigenen Haus“.

„Flashbacks“ & Schlafstörungen
Schlafstörungen, Albträume, Gefühlseinschränkungen, Reizbarkeit sowie große Angst, um sich und die eigene Gesundheit können auftreten. Das plötzliche Wiedererleben des Traumas wird auch Flashback genannt. Diese treten auch in anderen Zusammenhängen auf, z.B. nach Drogeneinnahme.
Bei Betroffenen wechselt der Wunsch, sich immer wieder mit dem Ereignis auseinanderzusetzen, mit dem Gefühl, nicht darüber sprechen zu wollen. Daraus folgend versucht der Mensch unter Umständen alles zu vermeiden, was sie/ihn an das Trauma erinnern könnte. Alle diese Reaktionen rund um das Trauma können als Verarbeitungsversuch verstanden werden. Man versucht, sich vor Überwältigung zu schützen. Im weitesten Sinne dienen sie dem Überleben. Es sind normale Reaktionen auf eine außergewöhnliche Situation.


Epigenetik Trauma: Beeinflussen Erlebnisse unsere Gene?
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